Wie schon am Vortag war 5:45 allgemeines Wecken und 6:00 Frühstück angesagt um dem Stau durch die Schulklassen im Frühstückszimmer zu entgehen. Leider konnte nach dem Frühstück keine Augenpflege mehr angesetzt werden, denn heute war ausnahmsweise mal wieder Radfahren angesagt. Ehrlich gesagt, irgendwie hatte uns gestern etwas gefehlt.
Als wir den Fahrradkeller der Jugendherberge verließen, trafen wir auf einen guten alten bekannten: "Onkel Werner der Geschichtenerzähler"! Und oh Wunder, er hatte kein Fahrradgepäck, sondern einen großen Trolly bei sich, der vielleicht als Fahrradanhänger geeignet gewesen wäre. Seine Reaktion war göttlich: "Meine Tochter holt mich mit dem Wagen ab." Zwar hatte der Golf in den er seinen Tolly verlud keine Fahrerin, aber immerhin einen Dachgepäckträger für Fahrräder. Soviel noch zu "Onkel Werner".
Das Wetter war nicht wirklich schlecht, aber es war auch nicht wirklich einladend. Aus dem noch vorhanden Hochnebel fielen bei recht "warmen" Temperaturen (10 °C) einzelne Regentropfen. Mit einer leichten Steigung begann unsere Fahrt raus aus der Stadt auf einem Radweg direkt neben einer stark befahren, vierspurigen Straße. Franks Knie waren noch nicht wirklich 100 % gut, aber sie schmerzten wenigstens nicht mehr. Außerdem war er mit einem Spezialtraining beschäftig, er sollte nämlich immer um mindestens 1 Gang weiter herunterschalten als dies seiner Meinung nach nötig gewesen wäre. Eine für ihn schwierige Aufgabe, da er ja gerne im höchsten Gang herumfährt und die Hochgeschwindigkeitsstrampler bei langsamer Fortbewegungsgeschwindigkeit nicht wirklich liebte. Nun sollte er, zumindest vorrübergehend, selber einer werden. Nun ja was tut man nicht alles, damit man weiter mitfahren darf (kann)!
Die Stadt hatten wir bald hinter sich gelassen und fuhr nun durch Langebrück, Schönborn, Seifersdorf, Lomnitz und Höckendorf. Irgendwo auf diesem Weg gab es eine riesen Aufregung. In einem Waldstück kurz vor einer gemauerten Brücke über einen Bach machte MARKUS samt Rad und in voller Fahrt eine Flugrolle in die Tannen und landet mit dem Kopf voran kaum einen Meter von der Mauer entfernt auf dem, zum Glück, noch vom Regen aufgeweichten Waldboden. Dort blieb er zunächst benommen liegen und rappelte sich erst wieder auf, als schon alle ihre Räder zur Seite gestellt und sich um ihn gekümmert hatten.
(Der Reifen ist übrigens kein Übrigbleibsel dieses Unfalls) Nach eingehender Prüfung, ob an ihm noch alles dran sei und soweit nötig auch funktioniere wurde dieser tatsächliche Zwischen-Fall zum Anlass genommen, eine kurze Verschnaufpause einzuliegen. MARKUS Knieverletzung vom Himmelfahrtstag war wieder aufgebrochen und musste verpflastert werden, und weil natürlich auf Waldboden eine erhöhte Infektionsgefahr bestand, musst bei allen prophylaktisch von innen her desinfiziert werden. Als wir dann etwa 10 Minuten später wieder auf die Räder stiegen, meinte MARKUS nur, dass er im Moment gut spüre, wo genau seine linke Körperseite sei. Auf dieser war er nach seinem "Kopfstand" gelandet.
Weiter ging die Fahrt über Reichenbach-Reichau, Häslich und Schwonsdorf nach Kamenz. Hierbei bemerkte Keule, dass das Tretlager seines Fahrrades klickende Geräusche von sich gab. Nichts weltbewegendes eigentlich, aber auch nicht normal. Dies lies Keule keine Ruhe mehr. Deshalb war klar, dass wir in der nächsten Stadt nach einem Fahrradgeschäft und der fortgeschrittenen Stunde wegen auch nach einem Restaurant Ausschau halten würden. Dennoch war am Ortschild von Häslich erst mal ein Fototermin mit unseren "Hübschesten" angesagt.
In Kamenz fanden wir recht schnell eine super elegante "Bike-Klink" mit Notaufnahme und einem wirklich kompetenten "Chefarzt". Dieser meinte auf Keules Frage, woran es liegen könne, das sein Rad ständig dieses klickende Geräusch von sich gibt, ob eventuell das Tretlager einen Schaden habe, dass dies erst nach einer Probefahrt geklärt werden könne. Daraufhin schwang er sich auf Keules Fahrrad und ward die nächsten 5 Minuten nicht mehr gesehen. Als er wieder in der "Notaufnahme" angekommen war, meinte er nur, es sei nicht weiter schlimm und zerlegte das ganze Hauptlager. Nachdem er es gereinigt und geölt hatte, montierte er es wieder, machte eine weitere kleine Probefahrt und übergab Keule ein perfekt gerichtetes Fahrrad, dass wieder wie eine kleine Katze schurrte, wenn die Pedale getreten wurden. Ebenso erstaunlich, wie die schnelle und kompetente Lösung des Problems, war die Höhe der Rechnung für diese Notfallhilfe. Wir hatten lediglich 9,50 € zu bezahlen. Nachdem wir nun schon mal einen wirklichen Experten gefunden hatten, mussten wir sofort prüfen, ob wir es mit einem omnipotenten oder nur mit einem Fachidioten zu tun hatten. Hierzu ergriff Roby die Initiative indem er nach einem guten und preiswerten Lokal in der Nähe fragte. Zur Antwort erhielt er, dass das beste Restaurant der "Goldene Hirsch" am Marktplatz sei und das die Preise ganz moderat wären. Also, machten wir uns dorthin auf den Weg und durften zu unser aller Freude feststellen, dass wir wirklich einen Fachmann auf allen Wissensgebieten (= omnipotent) in der Bike-Klink gefunden hatten.
Wie sich im "goldenen Hirsch" herausstellte, war Kamenz der Geburtsort von Gotthold Ephraim Lessing (1729 bis 1781; "Nathan der Weise", "Minna von Barnhelm") und der Goldene Hirsch hatte die Ehre gehabt die Taufgäste der Lessings bei Gottholds Taufe zu bewirten. Ein Haus mit Tradition und berühmten Gästen, unter anderen auch uns!
Nach dem Mittagessen setzten wir unseren Weg Richtung Osten fort. Auffällig war, dass alle Ortschaften zweisprachig beschildert waren, doch war es für uns nicht möglich sicher zu bestimmen ob, nun in tschechisch oder polnisch der zweite Hinweis erfolgte. Zunächst stieg das Gelände noch leicht an, bis wir auf einer Hochebene einen Sportflugplatz umfahren mussten, bevor wir an einen Bach mit einer wirklichen Furt gelangten. Für Fußgänger war darüber hinaus noch eine Brücke über den Bach errichtet worden. Wasserscheue Radfahrer wie Roby, MARKUS und Frank wählten die Brücke. Keule und die "Buba" mussten natürlich die Furt benutzen. Weiter ging unsere Route über Deutschbaselitz, Thonberg, Kuckau, Crostwitz, Jeßnitz, Storcha und Temnitz bis Bautzen, wo wir um 17:15 ankamen.
Nach einer kleinen Extrarunde in der Stadt (Stadtbesichtigung, erster Teil) fanden wir mit polizeilicher Unterstützung die Jugendherberge in der alten Stadtmauer. Dort angekommen bezogen wir die neuerrichteten Räume, duschten und machten uns stadtfein.
Nachdem das Wetter tagsüber meist bedeckt, aber trocken war, kam jetzt die Sonnen nochmals zum Vorschein. Daher beschlossen wir nach dem Abendessen eine kleine Stadtbesichtigung zu machen und an deren Ende ein Feierabendbierchen zu uns zu nehmen. Benji musste die anderen wohl falsch verstanden haben, denn er begleitete uns in kurzen Hosen und ohne Jacke.
Nach einem längeren Stadtrundgang, bei dem mir den "Schiefen Turm" (Reichturm), den Dom (seit 1700 !! durch Evangelische und Katholische gemeinsam genutzt) und "Die Alte Wasserkunst" (Wasserschöpfwerk von 1558) besichtigt hatten, wurde es doch recht frisch. Daher freute sich Benji besonders, als wir endlich in einer Gaststätte mit Hausbrauerei einkehrten, nicht unbedingt des Bieres wegen, sondern weil es dort warm und gemütlich war. Zum Verlauf des weiteren Abends ist nur soviel zu bemerken, dass das Bier wirklich mundete und ständig die Gläser an Bierschwund litten, besonders, das von Frank, der in markus zwar keinen Mitesser, aber einen Mittrinker gefunden hatte.
Beim abendlichen Appell in der Jugendherberge wurde festgestellt, dass MARKUS durch seinen Sturz doch stärke Prellungen als erwartet erhalten hatte und dass sich Franks Knie wieder meldeten. Somit waren wir auf den kommenden Morgen gespannt.
Tagesstatistik: | Tagesstrecke | 100 km | Gesamtstrecke | 543 km | ||
zurück... | Geschw. Ø | 16 km/h | Temp. min. | 10 °C | Steigung Ø | 5 % |
von Bautzen nach Cottbus | Höhe ges. | 818 m | Temp. max. | 15 °C | Steigung max. | 12 % |