Samstag 20.06.1998 07:30
Km Stand 36957
Wir kommen schon vom Zähneputzen und verschwinden von diesem Campingplatz so schnell als möglich. Die ganze Fahrt über hat es sehr starken, böigen Wind, so daß wir zeitweise im zweiten Gang dahergekrochen kommen, weil wir es uns nicht getrauen schneller zu fahren.
Es ist hier wohl allgemein bekannt, daß hier starke Winde wehen
Entlang der Küste ist alles voller Windkraftanlagen
Selbst bei rund 30 km/h braucht man die halbe Straße. Insbesondere mit meiner leichten, kopflastigen Suzi habe es schwer. Aber jetzt hat der Wind plötzlich aufgehört. Wir sind in Richtung Portugal unterwegs und wollen Sevilla auf kleinsten Sträßchen umfahren.
Sogar eine Fähre haben wir eingeplant. Der Scout fährt auch
zielsicher in die richtige Richtung und wir fahren auf gemäßigter
Endurostrecke durch die Landschaft.
Es wird von Stunde zu Stunde wärmer. Der Fluß Guadaquivir ist nur in
Sevilla oder über diese kleine Fähre zu überwinden. Wir fahren
und fahren, aber die Fähre ist nirgendwo zu sehen. Als ich die
Straßenpfosten genauer betrachte, sehe ich, daß wir diesen in
aufsteigender Reinefolge folgen. Da ich weiß, daß in Spanien alle
Straßen zentralistisch angelegt sind, vermute ich langsam, daß wir
in die falsche Richtung fahren. Daß der Fluß auf der rechten Seite
liegt, macht mich zusätzlich stutzig. Als wir dann das Provinzschild Cadiz
erreichen, bemühe ich mich Roby einzuholen und muß dazu ein wenig
über die Piste heizen. Endlich bringe ich ihn zum stoppen.
Am Horizont ist ein riesig großes Gebäude zu sehen, aber bei näherem hinsehen erkennen wir, daß es sich um einen Ozeanriesen handelt, also sind wir beinahe am Meer angelangt und definitiv falsch gefahren. Am Ufer versuche ich mich mit ein paar Fischern verständlich zu machen und mich nach dem richtigen Weg zu erkunden. Alle sechs sind sehr freundlich und reden alle gleichzeitig auf mich ein. Daß ich nur ein paar Brocken spanisch kann ist denen wohl egal. Aber ich rede mit Händen und Füßen und denke, daß sie mir den richtigen Weg erklärt haben - und er ist tatsächlich richtig - wir kommen weg von den Erdstraßen auf richtige Teerstraßen und die werden immer breiter. Bei dem ersten Schild norden wir uns frisch ein und stellen fest, daß wir uns ca. 50 km in die falsche Richtung bewegt haben.
Durch die Felder auf ungeteerten Straßen
Als Entschädigung belohnen wir uns mit einem warmen Mittagessen, wobei die Temperatur im Restaurant angenehm kühl ist. Beim Essen prüfen wir unsere Planung und beschließen die verlorenen Kilometer auf der Autobahn zu kompensieren. Und schon rasen wir mit einem 120 er Schnitt auf Sevilla zu. Auf der Autobahn liegt ein verlorener LKW Reifen, den ich erst sehr spät als dreidimensionales Hindernis erkenne und bin danach für Stunden wieder hellwach. Die Autobahn ist auch noch kostenpflichtig und so werden wir noch ein paar Peseten los. In Sevilla ist der Verkehr für Motorradfahrer in der Mittagszeit unerträglich. Es hat 42 °C und die Sevillianer fahren wie die geisteskranken. Kreisverkehr falsch herum ist kein Problem. Wir wollen bloß schnell raus hier. Die Durchfahrt klappt dann auch ohne daß wir uns verfahren und Umwege machen, da ich mich noch ein Bißchen auskenne. Auf der Schnellstraße von Sevilla zur portugiesischen Grenze kommen wir an einem Unfall vorbei. Auf gerader Autobahn ist ein älterer Mann einfach über die Leitplanke in den Acker gefahren, die Sannis sind schon da und wir fahren schnell an dem Unfall vorbei. Bis zur Grenze geht es weiter im 120 er Schnitt. Der Wind kühlt selbst bei dieser Geschwindigkeit nicht mehr und wir machen ein paar mal Trinkpause an Tankstellen, wo es kaltes Mineralwasser gibt.
Die Grenze passieren wir ohne weitere Vorkommnisse und fahren die
Landstraße N125 an der Algarve entlang.
Das lohnt sich absolut nicht, da man das Meer kaum zu Gesicht bekommt wegen der Steilküste. Deshalb gehen wir so bald als möglich wieder auf die Schnellstraße zurück, da wir ohnehin schon spät dran sind. Unser Ziel ist der nächstgelegene Campingplatz am Capo de Sao Vicente, dem Südwestlichsten Punkt von Europa. Die Suche nach dem Campingplatz ist wieder mal etwas länger, aber wir finden ihn wenigstens.
Es ist jetzt 21:30, Kilometerstand 37614, das waren wohl bisher die meisten
Kilometer an einem Tag, aber auch das läßt sich noch
überschreiten, bei unserem Talent. Auf dem Platz ist es recht ruhig und
wir gehen gleich nach dem Zelt aufstellen zum Duschen.
Der Platz liegt schön in einem Pinienwald und hat Sandboden. Nach der Dusche gehen wir noch ins Restaurant vom Campingplatz. Wir essen Krabben mit Knoblauchsoße, ist viel und schmeckt viel gut. Dazu gibts es heute zur Belohnung mal was richtiges zum Trinken. Zuerst mal ein Bier gegen den Durst und danach zum Essen ein Fläschchen Rotwein. Wir sitzen gemütlich zusammen, als unser Zeltnachbar, auch ein Motorradfahrer, sich zu uns setzt. Wir plaudern ein bißchen zusammen und werden auf einmal in bayrischem Dialekt angesprochen und unser "Bekannter" aus Dachau steht mit seiner Freundin vor uns. Das Wiedersehen muß natürlich gefeiert werden und wir trinken noch ein paar Schluck Wein zusammen. Überdies ist es Zeit die Kneipe zu schließen und wir ziehen uns zurück. Unser Dachauer lädt uns noch zu seinem Wohnmobil ein und wir saugen dort noch zwei Flaschen Rotwein aus. Zum Glück hat der nicht mehr dabei, sonst wäre die auch noch fällig. Wir sind nach Genuß des Weines richtig schön müde und ziehen uns in unser Zelt zurück.
Motorradabenteuer 1998