Freitag 19.06.1998 06:50
Km Stand 36779
Wir machen Morgentoilette und danach packen wir unsere Fahrzeuge für
unsere Afrikatour. Das Wasser ist wieder sehr kalt und wir sehen die
Solaranlage, drei schwarze Kunststoffässer auf dem Dach, das ist alles. Es
gibt schon wieder unser Reisefrühstück - eine Dose Cola. Wir haben es eilig den Campingplatz zu
verlassen, da wir noch Schiffskarten kaufen müssen und uns da erst mal
schlau machen müssen in Algeciras. Die Schranke am Campingplatz ist noch
geschlossen, aber wir finden einen Hinterausgang, wo unsere Motorräder
durch passen.
Unsere Schiffskarten können wir in einem Reisebüro am
Straßenrand kaufen, so weit hat es mal ganz gut geklappt. Wir beschließen zuerst die Fähre zu suchen und uns
dann ein gemütliches Frühstück zu gönnen. Das mit dem
Suchen klappt, leider mit dem finden nicht. Da wir in der Nebensaison unterwegs
sind stimmt die gesamte Beschilderung Richtung Fähre nicht und wir
nähern uns der Fähre in konzentrischen Kreisen. Aber
schlußendlich finden wir sie doch noch. Allerdings fällt das
Frühstück aus, was aber für uns nichts neues ist. Wir stehen in
der Schlange, die aus drei Autos besteht, und wir am Schluß, als ein LKW
erscheint. Dieser muß wohl unbedingt da durch, wo wir stehen, daneben
sind allerdings 3 andere Fahrspuren völlig frei. Aber nein, der Fahrer
besteht darauf, daß er genau durch diese, von uns versperrte Spur fahren
will. Die junge Einweiserin ruft ihren Chef und dieser und der LKW Fahrer
streiten bestimmt 20 Minuten miteinander herum, mit dem Ergebnis, daß der
LKW Fahrer wartet, bis wir nach vorne zur Fähre fahren können. Das
hat sich echt gelohnt, denn sonst wäre uns in dieser Zeit langweilig
geworden.
Warten auf die Fähre
Gibraltar ist im Hintergrund zu sehen, aber diesesmal lassen wir den Felsen
noch links liegen
Gleich landen wir im Bauch der Fähre
Die Fähre ist echt fein, ein riesig großer Katamaran. Auch die
Verladung der Motorräder klappt gut. Warum allerdings die Motorräder
auf dem Seitenständer stehen sollen anstatt auf dem Hauptständer
werden wir wohl nie erfahren. Oben im Aufenthaltsraum gibt es dann endlich
unser wohlverdientes Frühstück. Das schmeckt echt lecker und wir
genießen die Fahrt in der klimatisierten Fähre. Es herrscht ziemlich
starken Seegang aber ein Kontrollblick auf unsere Motorräder beruhigt uns,
alles im grünen Bereich und wir genießen die Überfahrt, die
rund 45 Minuten dauert.
Und dann sind wir in Afrika, allerdings noch auf spanischem Gebiet. Es sind nur ein paar Kilometer bis zur Grenze nach Marokko. An der Grenze heißt es erst mal anstehen, schon auf der spanischen Seite. Es werden sämtliche Papiere kontrolliert und die Fahrgestell- und Motornummern aufgeschrieben. Und dann geht es weiter in die Schlange an der Marokkanischen Grenze. Es gibt fünf Schalter, die nacheinander aufzusuchen sind, allerdings nicht in der Reihenfolge eins bis fünf, sondern in einem anderen, uns bis heute unbekannten Schema. Nach geraumer Zeit gesellt sich ein "Fremdenführer" zu uns.
Er erklärt uns, wie das an der Grenze abläuft, alles in deutsch. Er
stellt sich als Mehmet vor. Zuerst gibt er uns einen Zettel, auf den
müssen wir sämtliche Daten aus unseren Reisepässen
übertragen. Erst mit diesem Zettel geht man dann zu Schalter drei. Wenn
man Glück hat kommt man schnell dran und der Beamte hinter der Glasscheibe
nimmt den Zettel, stempelt ihn ab, heftet ihn ab und tippt dann die ganzen
Daten direkt aus dem Paß in seinen Computer. Die gelben Zettelchen dienen
wohl eher zur Wandvergleitung oder so. Man bekommt natürlich dann einen
anderen Zettel, mit dem man dann zum nächsten Schalter geht. Leider
weiß ich die Reihenfolge nicht mehr, aber man muß die
Motorradpapiere zusammen mit dem Reisepaß zeigen.
Da ich meine grüne Versicherungskarte bekanntermaßen nicht dabei
habe, erklärt uns Mehmet, daß wir eine Versicherung
abschließen müssen. Dazu müssen wir allerdings an der ganzen
Schlange vorbei, was aber keinen stört. Im Versicherungsbüro wird
dann festgestellt, daß die grüne Versicherungskarte von Roby in
Marokko nicht gilt, (Tip, in den durchgestrichenen Länderkürzel oben
rechts auf der grünen Versicherungskarte gilt diese nicht) also
schließen wir auch noch eine zweite Versicherung ab. Das kostet so rund
60 DM pro Motorrad und ist einen Monat gültig. Danach geht es dann zum
nächsten Schalter, und zum nächsten. So vergeht dann rund eine Stunde
mit warten und Paß zeigen, denn an jedem Schalter muß man den
Paß zeigen.
Mehmet hat uns in der Zwischenzeit davon überzeugt, daß wir eine Stadtführung durch Tetouan nicht versäumen sollten. Er fährt mit dem Taxi voraus und wir mit den Mopeds hinterher. Unterwegs, beim Fahren werde ich von einem Mopedfahren (Kleinkraftrad, 80erle) angesprochen, daß er eine ganz sichere Garage in Tetouan kennt und gleich noch eine Stadtführung mit machen kann. Genau davor hat uns Mehmet gewarnt und ich erkläre ihm, daß der Führer in dem Taxi vor uns sitzt. Daraufhin zieht er sich blitzschnell zurück. In Tetouan angekommen geht es durch verwinkelte Gäßchen in die Altstadt und dann tatsächlich in eine Garage in einem alten Haus. Mehmet versichert uns, daß seine Freunde, anscheinend sind hier alles seine Freunde, sogar wir, auf unser Hab und Gut aufpassen würden. Dabei haben wir sogar ein ganz gutes Gefühl.
Die Stadtführung ist echt interessant, Obst- und Gemüsemarkt, Palast,
Eselgarage, Gerberei und ein Teppichhändler, wo wir diese zwei
berühmten Mitbringsel dann kaufen. Jeder kennt Mehmet. Wir sehen noch ein
paar Moscheen, fünf Stadttore und viel altes Gemäuer. Dann endlich
geht es essen, denn wir schleppen fast unsere gesamte Motorradkleidung mit uns
herum und es wird immer wärmer.
Frischfleisch, nein, nein die Berber essen keine Katzen
Marktgasse, unser Führer Mehmet eilig voran
Eines der 7 Stadtore (könnte man auch mal wieder streichen)
Das ist die typische Tracht der Berberfrauen
Koenigspalast, in jeder großen Stadt hat der König einen Palast, den
er bei Besuchen benutzt
Informationen zu Marokko im Internet
Stadttor am Königspalast, das sieht schon besser aus, anscheinend hat der
König einen Maler im Bekanntenkreis
Die Moschee dürfen nur Männer betreten (Für Frauen gibt es aber
auch eine)
In der Eselgarage werden die Esel der Zulieferer aus den Bergen abgestellt
Hier wird noch von Hand gegerbt. Das stinkt fürchterlich. Es wird noch
sehr natürlich gearbeitet, zum Gerben wird noch menschlicher Urin
genommen. Zusammen mit den Fleichresten bei 40°C gibt das ein tolles
Aroma
Mitten durch die Gerberei
Hier ist noch alles echte Handarbeit
Im Land der Berber kommt man um einen Teppichhandel nicht rum. Da werden sogar
Visa- und Eurocard genommen. Der Pfefferminztee ist hervorragend, ein ganzes
Glas voller Minzblätter, etwas Zucker und heißes Wasser
Über den Dächern von Tetouan, im Hintergrund die Berge von Ar Rif
Auch auf den Dächern wird gehandelt, alles in bestem Deutsch. Teppiche
werden auch nach Vorauszahlung nach Deutschland geliefert, wenn man nur genug
Vertrauen hat.
Das Essen findet in einem wunderschönen arabischen Restaurant statt, allerdings wird Mehmet immer ungemütlicher, ja er fängt an uns richtiggehend zu hetzen. Zu essen gibt es zuerst eine Gemüseuppe, dann kleine Spießchen, die richtig lecker sind und danach den Hauptgang Couscous, besser gesagt Hühnchen mit Grießbrei. Das ganze kostet dann 300 Dinar, was dann rund 60 DM entspricht. Das entspricht ungefähr einem Wochenlohn eines Arabers in Tetouan. Danach geht es in Windeseile ins Nachbarhaus, wo eine antike Apotheke nachgestellt ist. Der Apotheker zeigt uns die verschiedensten Mittelchen, wie Süßholz, Nelken und Kreuzkümmel. Alles die ist für alles gut. Aber der Hektiker Mehmet treibt uns schon wieder weiter und meint, daß wir zurück mit dem Taxi fahren sollten, auch das kostet nur ein paar Dinar. Kurz darauf kommt auch schon ein Taxi und auf der Rückfahrt stellen wir fest, daß wir den Weg wohl alleine nicht mehr gefunden hätten. Da es keine Straßennamen gibt, wäre die Orientierung sehr schwer gefallen und wir hätten nur den gleichen Weg zurücklaufen können, den wir gekommen sind. Das Taxi kostet auch nur ein paar Dinar, soweit stimmt wenigstens die Aussage von Mehmet. Aber dann geht es los, die 20 DM von Mehmet, die er uns an der Grenze genannt hatte, werden schnell mehr, und wir sollen ihm noch was für die fünf Kinder geben und für seinen Esel oder was weiß ich den sonst noch. Auch ein kleines Trinkgeld für die Freunde in der Garage wird als angemessen betrachtet, zumindest von den Marokkanern, weniger von uns. So gebe ich noch einen eine 20 DM Schein, allerdings hat Roby vorne an der Garage schon bezahlt. Wahrscheinlich sind die ganzen Berber, so bezeichnen sie sich selbst, danach erst mal einen draufmachen gegangen, denn den Wochenlohn haben sie ja von uns bekommen. Mehmet ist so nett und erklärt uns noch wie wir aus der Stadt finden. Vorne rechts und dann immer gerade aus. Allerdings gibt es dort keine Straße, die geradeaus führt und so verlassen wir uns auf unseren Orientierungssinn und fahren in Richtung Sebta und tatsächlich sind wir auf dem richtigen Weg nach Ceuta, denn auf arabisch heißt Ceuta Sebta. Die weitere Fahrt bis Ceuta verläuft problemlos. Erst an der Grenze wird es nochmals spannend, denn wir sind ja in der Zwischenzeit mit Teppichen beladen. Es stellt sich auch gleich wieder ein Führer ein, der uns über die Grenze helfen will. Aber wir haben den gelben Zettel schon ausgefüllt in der Tasche und wissen, daß man hier mit dem Schalter zwei anfängt, dann fünf und den Rest einfach ausläßt. Also sage ich das dem "netten Helfer" auf deutsch, englisch und spanisch was ihn aber nicht abhält weiterhin neben mir rumzustehen. Aber meine schwäbischen Argumente versteht er dann doch noch und er zieht von dannen. Vor dem Grenzbalken werden wir herausgewunken und ein junger Grenzbeamte will nochmals unsere Papiere sehen. Ich bin etwas erschrocken, nicht daß dies die Folge von meiner schwäbischen Argumentation ist. Aber dem ist nicht so, sondern die Fahrzeugdaten werden nur nochmals erfaßt und der junge Grenzer uns sein älterer Kollege unterhalten sich in englisch mit uns und wir scherzen richtiggehend herum. Daß die Kontrolle nicht unnötig ist, sehen wir daran, daß ein paar Motorradrahmen neben der Baracke stehen. Der ältere Grenzer sieht genau so aus, wie Omar Sharif in seinen besten Tagen.
Wir warten im Schatten der Stadtmauer auf das Taxi
Auf der Fahrt zurück nach Spanien
Nach der Grenze geht es vollends problemlos bis zur Anlegestelle der Fähre. Allerdings müssen wir noch ca. eine Stunde warten, bis die nächste Fähre kommt. Wir fahren ganz nach vorne und warten auf die Fähre. Das Handy funktioniert hier ganz toll und wir rufen die Heimat an. So nach und nach füllt sich die Warteschlange vor der Fähre und wir stellen uns dazu in die Reihe. Und dann werden wir gefragt, ob wir die Bordkarten schon hätten, haben wir natürlich nicht. Er weist mit der Hand in Richtung des Einloghäuschens. Daran sind wir gar nicht vorbei gekommen, sondern haben eine Hintereingang in den Hafen gefunden. Ich fahre querbeet über eine großen Parkplatz, so ca. zwei km und erhalte dort dann auch problemlos die Bordkarten für die Fähre. Kurz danach läuft die Fähre auch schon ein und wir freuen uns auf europäischen Boden.
Die sehnsuchtsvoll erwartete Fähre kommt endlich
Zum greifen Nah
Die Rückfahrt ist genau so problemlos wie die herfahrt und unsere Zweiräder werden vom gleichen Einweiser festgebunden wie auf der Herfahrt, schön bekannte Gesichter zu treffen.
Wir nähern uns langsam wieder Europäischem Festland, Gibraltar ist
schon im Hintergrund zu sehen
Auf der Rückfahrt machen wir dann weitere Schlachtpläne, denn wir waren bisher noch nicht auf dem Felsen (Gibraltar). Also fahren wir gleich nach dem Anlegen hin.
Nur sind wir ganz nahe an unserem Ziel
Und schon hat man wieder eine Grenze vor sich, denn Gibraltar ist Britisches Hoheitsgebiet. Als wir oben im Park von Gibraltar ankommen sehen wir nur ein Schild, auf dem steht, daß das Parktor um 22:00 geschlossen wird, das Kassenhäuschen ist nicht mehr besetzt und wir sparen uns jeder sechs BPF. Wir heizen durch das Naturschutzgebiet, ohne auf andere Menschen zu stoßen.
Nur Möwen und die berühmten Gibraltaraffen sind zu sehen. Da es so
schön leer ist, kann man auch Einbahnstraßen falsch herum fahren und
an den Sperrschildern fahren wir einfach vorbei. Aber langsam wird es auch hier
oben dunkel und wir müssen uns auf den Heimweg machen.
Die berühmten Affen von Gibraltar. Es wird behauptet, daß Gibraltar
im Besitz von Groß Britanien bleibt, so lange es diese Affen gibt.
Bei der Ausreise aus Großbritanien stehen wir wieder mal an der Grenze, bis uns dann ein netter Mensch sagt, mit den Motorrädern kann man doch an der Schlange vorbeifahren, stimmt, so geht es viel schneller.
Der Flughafen von Gibraltar. Die Zufahrtsstraße geht quer drüber.
Dann geht es aber auch schon schnurstracks auf den Campingplatz zurück. Als wir ankommen ist es 22:50 und der Tacho zeigt Kilometerstand 36957. Wir sind beide total erschöpft. Aber ein wohlverdientes Feierabendbier genehmigen wir uns noch. Dann noch eine zweite Runde und eine Pacharan und dann zügig ins Zelt. Die Abendtoilette entfällt ersatzlos.
Motorradabenteuer 1998